Projekt:
"Wenn die Schule nicht erreichbar ist ..."
(aus Mission 2016_06)
Jedes Jahr richten in Südasien Regen und
Stürme in der Monsunzeit von Juni bis September mit Überschwemmungen und
Erdrutschen große Schäden an. Im vergangenen Sommer dieses Jahres hat
sich im südindischen Bundesstaat Kerala eine Naturkatastrophe kaum
bekannten Ausmaßes ereignet.
Der in diesen Ländern für eine gute Ernte notwendige Monsunregen begann
zunächst rechtzeitig mit Juni, doch schon in der zweiten Woche öffneten
sich die Schleusen des Himmels. Mitte des Monats war bereits ganz
Kuttanat an der Südspitze überflutet. Entgegen der sonstigen Erfahrungen
goss es fast ohne Unterbrechung weiter in Strömen. Bald waren Straßen
und Bahnlinien überflutet, der ganze Verkehr wurde eingestellt, die
inzwischen geschlossenen Schulen und sonstigen öffentlichen Gebäude in
Notlager für die Bevölkerung umfunktioniert. Kein Strom, das Trinkwasser
verseucht, die sanitären Anlagen eine Katastrophe und tickende Zeitbombe
für den Ausbruch von Krankheiten und Seuchen.
Unzählige Häuser standen tage-, ja, wochenlang im Wasser, viele stürzten
ein und die Hütten der Armen wurden einfach weggespült. Muren in
Hanglagen begruben alles unter sich, was ihnen im Weg war.
Besonders dramatisch entwickelte sich die
Lage im August. Um Dammbrüche zu vermeiden, mussten die Behörden bei
allen 34 Speicherseen die Schleusen öffnen. Die Zahl der Menschen in
humanitären Unterkünften lag in der zweiten Monatshälfte bei mehr als
einer Million, rund 500 Todesopfer wurden bis dahin registriert.
Die Regierung des Bundesstaates bemühte sich, Trinkwasser, Nahrung und
Medikamente auf dem Luftweg zu den eingeschlossenen Menschen zu bringen.
Tausende waren auf den Dächern gestrandet und wurden per Hubschrauber in
Sicherheit gebracht. Auch zahlreiche Boote waren im Rettungseinsatz. Mehrere Familien unserer Schwestern sind
ebenfalls schwer betroffen. Die leibliche Schwester von Sr. Latika, die
in unserer Lucknow-Provinz/Nordindien, arbeitet, ist in den tosenden
Fluten ums Leben gekommen. Wie durch ein Wunder hat jedoch keine unserer
11 Niederlassungen in Kerala größere Schäden davongetragen. Unsere
Schwestern in Charummood konnten trotz der fast totalen Ausgangssperre
nahe gelegene Notlager erreichen und dort Hilfe leisten, die nach
Kräften auch auf andere Stationen ausgeweitet wurde, sobald die Lage
dies ermöglichte. Von unserer Europa-Provinz wurde als Soforthilfe ein
größerer Betrag überwiesen. Für die nähere Zukunft werden unsere
Sozialarbeiterinnen im betroffenen Gebiet bei ihrer Tätigkeit besonders
jene Familien im Auge behalten müssen, die von der Landwirtschaft leben.
Hier nur ein Beispiel: Gummibäume, eine wichtige Existenzgrundlage in
Kerala, verfaulten, weil sie wochenlang im Wasser standen. Es dauert
einige Jahre, bis junge Setzlinge wieder „angezapft“ werden können.
Außerdem wurden die landwirtschaftlichen Nutzflächen durch die
Wassermassen vielfach weggeschwemmt, sodass in den nächsten Monaten
nichts angebaut werden kann. Erst als der Regen nachließ, wurden die
enormen Schäden sichtbar. Das Ausmaß der Zerstörungen ist
unbeschreiblich, ganz Kerala ist davon betroffen. Hab und Gut der
Bewohner wie auch die Ernte des Jahres sind vernichtet, der Boden zum
Teil verseucht, die Gefahren für die Gesundheit, auch durch Ungeziefer
und Schlangen, nicht abzuschätzen. Eine der größten Herausforderungen
ist es daher, Krankheiten und Epidemien vorzubeugen. Viel an
Katastrophenhilfe wurde spontan von verschiedenen Seiten schon
geleistet, wie die Verteilung von Lebensmitteln, Kleidung und
Hygieneartikeln.
Der Statistik zufolge ist es die schlimmste
derartige Naturkatastrophe seit 1924. Kerala steht vor der riesigen
Aufgabe des Wiederaufbaus. Nicht nur der Gebäude, sondern auch der
Rehabilitierung des Lebens der Menschen und Familien und deren
Lebensverhältnissen, denn viele können nicht mehr zurück in ihr altes
Zuhause. Es wird eine lange und schwierige Strecke und in vieler
Hinsicht ein Neuanfang werden müssen, der auch weiterhin materielle
Unterstützung erfordert.
In Solidarität mit den betroffenen Menschen wollen wir ihnen helfen, neu
zu beginnen.
Sr. M. Ushas Vareculam
SRA, Provinzoberin
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